Aktuelle Zahlen und Fakten aus der Reisebranche: wieder Buchungsboom im Januar 

Dieser Artikel ist aus der Zusammenarbeit von Andreas Wulfes, Frank Grafenstein und Michael Nisnik entstanden.

Geschäftsführer bei neusta data intelligence

Andreas Wulfes
neusta data intelligence GmbH

Geschäftsführer bei neusta Grafenstein GmbH

Frank Grafenstein
neusta Grafenstein GmbH

Senior Data Scientist bei neusta data intelligence

Michael Nisnik
neusta data intelligence GmbH

Liebe Tourismusprofis, wir haben für euch die Daten aus den Amadeus Leisure IT Systemen im Hinblick auf die Pauschalreisebuchungen und -buchungsanfragen der Deutschen von Dezember 2022 bis Mitte Februar 2023 analysiert.

Dabei haben wir unseren Fokus insbesondere auf die Unterschiede zwischen den beiden großen Kundengruppen, den Reisenden mit Kindern und den Reisenden ohne Kinder, gelegt, und untersucht, für welche Angebote sich die beiden Gruppen interessieren und welche Konsequenzen dies für das Marketing hat. Wir möchten euch die wichtigsten Erkenntnisse vorstellen.

Ab Weihnachten ging es endlich wieder los

Während letztes Jahr die Buchungszahlen im Januar aufgrund der Omikron-Welle eher enttäuschend ausgefallen sind, freuen wir uns vermelden zu können, dass der Januar seine traditionelle Rolle als besonders buchungsstarker Monat wiedergefunden hat. Die Menschen nutzten die Zeit zwischen den Weihnachtsfeiertagen und Neujahr, um nach Pauschalreiseangeboten für das kommende Jahr zu suchen und so ließen auch die Buchungen nicht lange auf sich warten. Mitte Januar war dann der Buchungspeak erreicht. Das etwas niedrigere, jedoch weiterhin hohe Niveau der Anfragen und Buchungen hielt sich auch bis in den Februar hinein und war zum Zeitpunkt der Analyse noch nicht ausgeklungen.

Trotz der Freude über die Rückkehr des traditionellen Januars ist festzuhalten, dass laut der Daten aus den Amadeus Leisure IT Systemen die Anzahl der Buchungen für die ersten anderthalb Monate des Jahres 2023 noch 35% unter den Buchungen des gleichen Zeitraums in 2019 liegen. Der inflationsbereinigte Umsatz 2023 lag jedoch nicht ebenfalls 35% niedriger, sondern “nur” 26%. Die Ursache hierfür ist im Wert der Warenkörbe der Bucher zu finden. Dieser lag 2023 im inflationsbereinigten Durchschnitt um 15% höher als im Vergleichszeitraum 2019. Die Deutschen buchten im Januar zwar weniger, aber wenn sie buchten, dann gaben sie mehr aus.

Vor der Buchung kommt jedoch die Suche nach einem ansprechenden Angebot. Lasst uns nun einen Blick darauf werfen, wie die deutschen Urlauber:innen suchen und wofür sie sich seit Anfang Dezember interessierten.

Familien und Singles mit Kindern: mehr Eigenrecherche statt Reisebüroservice?

Aus den Daten geht hervor, dass Corona dazu geführt hat, dass Familien und Singles mit Kindern nun seltener den Service von Reisebüros in Anspruch nehmen, um eine geeignete Pauschalreise zu finden. Während beispielsweise im Vergleichszeitraum 2018/19 noch 54% der Buchungsanfragen für Paare offline über Reisebüros erfolgten, sank dieser Anteil im Jahr 2021/22 auf unter 10%. Im aktuellen Zeitraum kamen zwar 26% der Buchungsanfragen wieder über die Offlinekanäle, aber von den 54% vor Corona ist dieser Wert noch ein ganzes Stück entfernt.

Bei Paaren und Singles war die Bedeutung von Reisebüros schon vor Corona deutlich niedriger als bei Reisenden mit Kindern. So lag bei Paaren der Anteil der Offline-Buchungsanfragen schon 2018/19 bei nur 14%. Dieser Anteil hat sich durch Corona zunächst im Jahr 2021/22 auf 5% mehr als halbiert, für 2022/23 lässt sich wieder ein Anstieg auf 10% verzeichnen.

Wir müssen abwarten, ob Offlinebuchungsanfragen anteilsmäßig ihr Vor-Corona-Niveau wieder erreichen werden oder ob die Deutschen sich daran gewöhnt haben, mehr über Onlineportale zu recherchieren und dort auch zu buchen.

Der Trend setzt sich fort: All-Inclusive-Angebote werden immer beliebter.

Egal ob Paar, Single, Familie oder Single mit Kindern: All-Inclusive-Angebote werden bei den Deutschen immer beliebter. Im Durchschnitt betreffen 50% aller Buchungsanfragen diese Verpflegungsart. Insbesondere All-Inclusive-Plus-Angebote erfreuen sich immer größeren Interesses. So hat sich der Anteil der Buchungsanfragen von Paaren nach diesen Angeboten seit 2018/19 bis heute von 6% auf 16% fast verdreifacht, bei Singles auf 12% verdoppelt. Mittlerweile betrifft auch ein Viertel der Buchungsanfragen von Familien entsprechende Angebote mit einer All-Inclusive-Plus-Verpflegung.

Man möchte es sich gut gehen lassen – trotz gestiegener Preise

Der Jahresurlaub ist für die meisten Deutschen eines der jährlichen Highlights, bei dem man es sich verdienterweise besonders gut gehen lassen will – besonders, wenn man in den aktuell unruhigen und schwierigen Zeiten auf andere Gedanken kommen möchte. Kaum glaubte man, Corona hinter sich gelassen zu haben und dass die lang ersehnte Normalität wiedereinkehren würde, entfachte Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine, in dessen Schatten die Inflation seit langem nicht beobachtete Höhen erreicht. Daher ist es nicht überraschend, dass mindestens 4 Sterne für die allermeisten ein Muss sind.

Mindestens drei Viertel der Buchungsanfragen (je nach Kundengruppe auch mehr) werden für entsprechende Angebote gestellt. Dabei werden seit 2018/19 insbesondere 5-Sterne-Hotels immer häufiger angefragt. Bei Paaren stieg der Anteil dieser Buchungsanfragen von 23% auf 32% im Vergleichszeitraum 2021/22. Jedoch sank der Anteil 2022/23 wieder auf unter 30% auf 28%. Ähnliche Muster sind auch bei allen anderen Kundengruppen zu beobachten: ein zum Teil deutlicher Anstieg der Buchungsanfragen für 5-Sterne Hotels bis 21/22 und dann ein Rückgang um einige Prozentpunkte in 22/23.

Hier kommt wohl das gestiegene Preisniveau zum Tragen: So lag der durchschnittliche Personenpreis für Buchungsanfragen für 7-tägige Pauschalreisen für Paare in 5-Sterne-Hotels mit All-Inclusive 2022/23 bei knapp 1.100 €. Ein Jahr zuvor war der Durchschnittspreis für ansonsten gleiche Anfragen noch 200 € niedriger.

Gespart wird über die Reisedauer

Da einerseits die Preise steigen und andererseits die deutschen Urlauber nicht auf Komfort verzichten mögen, werden im Vergleich zu früher kürzere Reisedauern angefragt. Insbesondere stark ausgeprägt ist dieser Trend bei Familien und Singles mit Kindern. Der Anteil von Anfragen von Familien für 14-tägige Pauschalreisen hat sich seit 18/19 von 18% auf 9% halbiert (Singles mit Kindern: 14% auf 7%), wohingegen der Anteil von Anfragen für Reisen mit einer Dauer von sieben Tagen von 18% auf 36% gestiegen ist (Singles mit Kindern seit 18/19 stabil bei 36%). Bei Singles mit Kindern hat sicher der Anteil der Buchungsanfragen für Reisen mit einer Dauer von 5 oder 6 Tagen von 7% auf 14 % verdoppelt.

Nichtsdestotrotz werden die Reisedauern nicht so stark verkürzt, dass der inflationsbereinigte Wert des Warenkorbs konstant geblieben wäre. Wir zuvor erwähnt ist dieser um 15% gestiegen. Es wird akzeptiert, dass der Urlaub kürzer ausfällt, wenn dafür der Komfort stimmt. Zu kurz soll der Urlaub dann aber doch nicht sein.

Drei Learnings für das Marketing

1.

Inspirieren und Informieren

Einer der wirkmächtigsten Werbeperioden für den Tourismus liegt zwischen Weihnachten und Neujahr, um potentielle Kund:innen zu inspirieren und zu informieren. Am Ende des Jahres haben viele Menschen die Zeit und Muße, sich mit der “schönsten Zeit des Jahres” zu beschäftigen und mit Freunden oder der Familie abzustimmen. Bisher wird diese Periode von touristischen Unternehmen nur wenig genutzt. Gerade Destinationen könnten hier wegen des kurzen Zeitraumes eine sehr hohe Marktdurchdringung gepaart mit einem hohen Werbedruck erreichen.

2.

Einfluss der Urlaubsberichte von nahestehenden Menschen

Erste Impulse in Bezug auf die Beschäftigung mit dem nächsten Urlaub werden häufig in Gesprächen mit Freunden und Bekannten gesetzt, die von eigenen Erfahrungen berichten. Nach wie vor sind Berichte nahestehender Menschen der größte Einflussfaktor, wenn es um Reiseentscheidungen geht. Als Werbetreibender bietet sich hier die Chance, Menschen dazu zu animieren, mehr über ihre Erfahrungen zu berichten (Word-of-Mouth-Marketing) oder über Personen zu werben, die als “nahestehend” gelten (Influencer und insbesondere auch Microinfluencer).

3.

Verkaufsbezogene Werbung

Für verkaufsbezogene Werbung sind der Januar und Februar wieder die Kernmonate. Allerdings steht für einen Großteil der Buchenden die Reiseart und/oder das Ziel schon fest. Nur wer es vorher in das “Relevant Set” der Kund:innen geschafft hat, spielt in diesen Monaten noch eine Rolle. Für Destinationen mit ähnlichen Angeboten, wie es z. B. bei den Warmwasserzielen der Fall ist, lohnt es sich durchaus noch durch kurzfristige Kampagnen, Kund:innen auf das eigene Angebot zu kanalisieren.

Zusammenfassung

Trotz der aktuell schwierigen politischen und wirtschaftlichen Situation planen die Deutschen ihren Urlaub wieder langfristiger, was sich in den Buchungszahlen im Januar bemerkbar macht. Dabei bleibt abzuwarten, ob sich der durch Corona insbesondere bei Reisenden mit Kindern verursachte Trend, selbstständig über Onlineportale nach Reisen zu suchen, fortsetzt oder ob sie zukünftig den Service von Reisebüros so häufig in Anspruch nehmen werden wie vor der Pandemie. Unabhängig davon spielen Komfort und Qualität für die deutschen Urlauber eine immer wichtigere Rolle, immerhin ist für viele der Sommerurlaub nur einmal im Jahr. Jedoch müssen sie aufgrund der gestiegenen Preise Abstriche bei der Reisedauer machen. Insgesamt zeigt sich aber, dass die Deutschen auch weiterhin den Wert von Urlaub und Erholung zu schätzen wissen, was sich in dem gestiegenen Durchschnittswert der Warenkörbe widerspiegelt.

Für das Marketing ergeben sich sehr gute Möglichkeiten für alle, die ein Teil ihres Budgets für die Monate Dezember bis Februar aufsparen.