Smart Destinations – Skigebiete im Fokus

Smart Destinations, was ist das überhaupt?

Smart Destination ist ein Schlagwort, mit dem die Digitalisierung von touristischen Reisezielen umschrieben wird. Konkret geht es um die Verbindung von digitalen und realen Erlebniswelten und Infrastrukturelementen.

Wir (Eric Horster und Constantin Foltin) haben uns – unter anderem im Rahmen von Constantins Masterarbeit – näher mit dem Begriff beschäftigt und uns angeschaut, wo solche „smarten“ Destinationen schon heute zu finden sind. Diese werden wir im Rahmen einer mehrteiligen Serie hier vorstellen.

Bei unserer Recherche sind wir insbesondere auf eher geschlossene touristische Räume wie Festivals, Freizeitparks, Skigebiete oder Kreuzfahrtschiffe gestoßen. Der Vorteil, den diese Räume haben ist, dass sie meist zentral von einem Betreiber gesteuert werden, der die digitalen Services koordinieren kann. Wir wollen in dieser Reihe Beispiele dieser Räume vorstellen und anhand von konkreten Anwendungen zeigen, wie sich die Freizeitgestaltung von Reisenden verändert.

In einem Video hat Eric dazu einmal erläutert, worum es grundsätzlich geht:
In diesem Beitrag liegt der Fokus auf Skigebieten, die sich im Laufe der letzten Jahre vielerorts ebenfalls zu Smart Destinations entwickelt haben. Aufgrund der umfangreichen Informationen, die vor Ort und tagesaktuell benötigt werden, sind sie für digitale Services prädestiniert.

Informationen zu Skipisten, ihrem Verlauf, Routenplanung, Beschaffenheit von Loipen, Wandertouren, Nutzung von Wellness- und Schwimmangeboten, das aktuelle Wetter und vieles mehr, spielen eine wichtige Rolle bei der täglichen Planung und beeinflussen die Wintersportaktivitäten maßgeblich.

 „Heutzutage geht niemand mehr ohne sein Smartphone auf die Piste“SnowTrex

Ganzheitliche Informationssysteme

Viele Skiregionen haben mittlerweile umfassende Systeme implementiert, die Nutzern eine schnelle und übersichtliche Orientierung vor Ort ermöglichen. Da diese Informationen auch über einzelne Skigebietsgrenzen hinaus relevant sein können, sammelt der mobile Skigebietsguide „3D Superski“ beispielsweise sämtliche Informationen zur Region der Dolomiten in einer Anwendung. Mit ihr kann sich der Nutzer – vorausgesetzt er verfügt über einen mobilen Internetzugang oder ein WLAN – umfassende Informationen zu Wetter und Pistenbeschaffenheit einholen. Dies erfolgt auf unterschiedlichen Wegen mittels live Webcam-Bildern, aktuellen Wetterinformationen, Informationen zu Öffnungszeiten von Liften und Pisten, Schneehöhe und -beschaffenheit oder Zeitpunkt des letzten Schneefalls. Weitere Informationen werden zu Skiverleihen, Skischulen und Hütten vorgehalten sowie zusätzlich Auskünfte zu Einrichtungen neben der Skipiste, wie bspw. Veranstaltungen, Restaurants oder Schwimmbädern gegeben. Wie genau das in der App aussieht, wird hier gezeigt:

Navigation ist zentral

Mit einer Funktion namens „Pisten-Navigator“ können Tagesrouten geplant und eine dreidimensionale Karte der Loipen aufgerufen werden. Kartenmaterial kann auf das Smartphone heruntergeladen werden, um dieses auch offline zugänglich zu machen. Komplementär dazu ist eine digitale Infrastruktur in Form von kostenlosen Hotspots im Skigebiet installiert und nutzbar. So sind individuelle Touren auch auf der Piste planbar. Die Aktivitäten auf der Piste selbst können aufgezeichnet und in einer Community geteilt werden. Durch die Community können sich Nutzer mit anderen vergleichen und erhalten ein tägliches Ranking.

Ein ähnliches Konzept verfolgt das System EpicMix. Das zehn Skigebiete in Kalifornien, Utah und Colorado umfassende Projekt bietet dem Nutzer durch eine App ebenfalls Zugang zu aktuellen Informationen, wie zum Zustand der Pisten, dem Wetter, Webcams oder Verkehrsinformationen. Auch können die eigenen Aktivitäten auf der Piste aufgezeichnet, analysiert und in der Community geteilt werden. Doch die dahinterstehende Technologie ist in diesem Fall eine andere:
Auf einem persönlichen Ski- oder Liftpass ist ein RFID-Chip integriert, welcher sämtliche standortbezogenen Daten innerhalb des Skigebietes über Empfänger an bestimmten Positionen (bspw. beim Zugang zum Lift) automatisch aufzeichnet. Das bereits seit über zehn Jahren etablierte Epic Mix-System wird hier kurz erläutert:

Gamification

Um die aufgezeichneten Daten dann abrufen zu können, meldet sich der Nutzer mit seiner Skipass-Nummer in der mobilen Anwendung oder auf der Webseite an. Auch hier ist der Wettkampf- und Spielcharakter Teil der Anwendung. So erhalten Nutzer für verschiedenen Aktivitäten digitale Badges (Pins), oder können reale Rennen fahren, deren Ergebnis dann mit der genannten Technologie aufgezeichnet und im persönlichen Dashboard einsehbar ist. Da die Position der einzelnen Personen innerhalb der Community freigegeben werden kann, ist es möglich zu sehen, wo auf der Piste sich Freunde gerade befinden und welche Leistungen (bspw. Pistenkilometer) diese bereits erreicht haben. Die App wird kostenlos angeboten und kann mithilfe der WLAN-Infrastruktur in den Gebieten dauerhaft genutzt werden. Eine technologische Weiterentwicklung hat das Skigebiet Vail in der vergangenen Wintersaison vorgestellt: den digitalen Bergassistenten „Emma“. Je mehr die smarte Assistentin gefragt wird, desto mehr lernt sie (Machine Learning). Für den Nutzer bedeutet dies eine schnellere und zentrale Abfrage von Informationen jeder Art.

Die Skibrille als Display

Weiter ausgebaut wird der Leistungsumfang vor Ort auch im Skigebiet Amadé im Salzburger Land. Durch die sogenannte Smart Ski Goggles können Informationen zur Umgebung und zur Navigation mittels einer Augmented-Reality Funktion direkt auf die Skibrille projiziert werden, sodass nicht mehr das Smartphone als Intermediär fungieren muss, welches gerade bei dieser Art von Aktivität für den Nutzer unzweckmäßig ist.

Siehe dazu die nebenstehende Abbildung: Smart Ski Goggles Daten-Skibrille, Ski Amadé

Das Ausziehen von Handschuhen, um das Device in der Hand zu halten, kann der Nutzer dadurch umgehen. Sämtliche Daten lassen sich von der Smartphone-App in die Brille übertragen und aktualisieren sich an ca. 400 Hotspots, die im Skigebiet verbaut sind, stetig. Die Brille wird durch eine Fernbedienung am Handgelenk gesteuert und das Display schaltet sich bei einer Geschwindigkeit von über 20 km/h ab, um Unfälle durch Ablenkung zu vermeiden. Daneben bietet die App einen gängigen Funktionsumfang mit Routenplanung, Mobile Ticketing oder einen Kalorienzähler. Das gesamte System von Ski Amadé wird hier vorgestellt:

Auch Sportgeräte-Hersteller machen sich digitale Technologien mittlerweile zu nutze. So wurde schon im vergangenen Jahr der erste Prototyp eines integrierten Smart-Ski-Konzeptes zur Messung dynamischer Skibewegungen vorgestellt. Es ist abzusehen, dass die Kombination dieser Innovationen das Pistenerlebnis künftig noch stärker beeinflussen wird.

Fokus auf Echtzeit-Information und Navigation

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Fokus der Smart Destination „Skigebiet“ auf Echtzeit-Informationen zu Wetter, Pistenbeschaffenheit usw. sowie der Navigation vor Ort liegt. Daneben sind die Community sowie der sportliche Vergleich (Gamification) eine Besonderheit, die in den Anwendungen berücksichtigt werden. Smarte Wearables beschränken sich hierbei nicht nur auf Armbänder oder NFC-Chips, sondern ergänzen das Portfolio durch Daten-Skibrillen oder Skier.

Auch das Thema Datenschutz ist hier elementar, da persönliche Daten mit der Community geteilt werden. Gleichwohl ist zumindest im Skigebiet Amadé klar definiert, dass alle Nutzerinformationen nach dem Einsatz gelöscht werden.