Tourismus nach Corona: Digitale Transformation als Überlebensgarant

Zweifelsohne gehört die Touristik zu den am härtesten getroffenen Branchen in der Covid-19-Pandemie. Gleichzeitig haben die Urlauber nach einem Jahr des Verzichts einen enormen Nachholbedarf.

Um überleben zu können, benötigen Konzerne Milliarden Euro vom Staat. Viele Reisebüros, Veranstalter, Hotels, Destinationen und Gastronomiebetriebe stehen vor der Insolvenz. Immerhin: Der Ausblick auf die kommenden Monate stimmt optimistisch. Die Welt lernt, mit dem Virus zu leben. Die ersten Impfstoffe sind verfügbar und werden Lockdowns bald überflüssig und Reiseverkehr wieder möglich machen.

Heißt das, alles wird wieder, wie es vorher einmal war? Mitnichten.

Die Pandemie wird wie ein Katalysator die digitale Transformation beschleunigen. Experten sind sich einig, dass die Digitalisierung in der Travel&Transport-Branche für eine Disruption sorgen wird – ähnlich der Industrialisierung, in der Dampfmaschinen und Eisenbahnen die Wirtschaft umkrempelten. Längst überfällige Veränderungsbedarfe in der Touristik legt das Virus schonungslos offen. Vor allem aber hat es das Verhalten und die Erwartungen der Kunden verändert. Wer digitalen Trends gestern noch skeptisch gegenüberstand, ist in Zeiten von Lockdown und Kontaktbeschränkungen geradezu gezwungen, sich mit digitalen Angeboten auseinanderzusetzen und kann dabei den einen oder anderen Vorteil erkennen. So wird sich der seit Jahren anhaltende Trend zur Online-Buchung und Online-Reisebetreuung massiv verstärken. Die Reisenden von Morgen werden personalisierte Angebote, komfortable Suchvorgänge, einfache Buchungs- und Umbuchungsprozesse und nahtlose Reiseerlebnisse erwarten und als selbstverständlich voraussetzen.

Die Erfahrungen der Pandemie im Hinterkopf werden Sicherheit und Flexibilität ganz oben auf der Liste unverzichtbarer Services stehen. Reiseanbieter müssen eine sichere Durchführung, hohe Hygienestandards und eine schnelle Rückkehr im Krisenfall garantieren. Transparente, umfassende Informationen in Echtzeit gewinnen an Bedeutung. Dafür ist es zwingend erforderlich, seine Daten im Griff zu haben. Content Hubs bündeln Inhalte. Data Lakes speichern große Mengen an Daten unterschiedlichster Quellen. Künstliche Intelligenzen und Methoden der Predictive Analytics analysieren und strukturieren diese Daten fortlaufend. Schon heute sind eine regelmäßige Datenhygiene und gut abgestimmte CRM-Anwendungen unverzichtbar, um eine schnelle, digitale Kommunikation in Richtung Kunde sicherzustellen und Kundenbindung erfolgreich zu gestalten.

Urlauber wollen sich ihre Reisen nicht nur flexibel aus verschiedenen Bausteinen zusammenstellen, sondern ihre Pläne auch flexibel ändern können.

App-gesteuerte Selfservices und digitale Reisebegleiter ermöglichen dies. Brüche in der Customer Journey, Trennungen zwischen online und offline oder voneinander abgeschottete Buchungskanäle werden Urlauber zukünftig nicht mehr akzeptieren. Für all diese Anforderungen gibt es technologische Lösungen, die bei manchen wegweisenden Branchenführern und Disruptoren bereits im Einsatz sind oder in den kommenden Monaten implementiert werden. Microservice-basierte Architekturen beispielsweise erlauben Flexibilität und ein agiles Entwicklungstempo.

Für die Reisebranche wird es jetzt auch darum gehen, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen – Technologie wird auch dabei unterstützen.

Sowohl auf Kunden- als auch auf Anbieterseite kann Frust vermieden werden, wenn Stornierungen, Umbuchungen und Erstattungen automatisierten Prozessen folgen und von den Kunden selbst vorgenommen werden können. Chatbots können helfen, Wartezeiten für Kunden, Überlastungen der Call-Center und hohe Prozesskosten bei Veranstaltern und Leistungsträgern zu vermeiden. Anbieter werden sich mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob man Urlaubern nach den Erfahrungen von 2020 noch vermitteln kann, dass Reisen weit im Voraus bezahlt werden sollen. Innovative Player werden hier Wettbewerbsvorteile erkennen, für sich nutzen und bald zum Branchenstandard ernennen. Ebenso verhält es sich bei der Akzeptanz alternativer Zahlungsarten. Es wird nicht mehr ausreichen, Überweisung und Kreditkartenzahlung anzubieten. Wer auf Kundenservice setzt und seine Conversion erhöhen will, muss eine breitgefächerte Auswahl an Zahlungsdiensten technisch an die Buchungskanäle anbinden – seien es Sofortüberweisung, Ratenkauf, PayPal, Apple Pay oder Amazon Pay.

Können mittelständische und kleinere Unternehmen den technologischen Vorsprung der Vorreiter überhaupt noch aufholen?

Überleben ist keine Frage der Größe, sondern der schnellen, agilen Anpassungsfähigkeit. Sicher wird eine Konsolidierung, ein Gesundschrumpfen in vielen Bereichen unvermeidbar sein. Einige Unternehmen werden den Umbruch nicht überstehen. Klar ist aber auch: Wer schnell handelt, jetzt die Weichen für die digitale Zukunft seines Geschäftsmodells stellt und den Herausforderungen der Zukunft mutig entgegentritt, hat gute Chancen, zu den Gewinnern dieser beispiellosen Krise zu zählen.